AUS DER FRÜHEN GESCHICHTE DER DÖRFER BRUNSHAUPTEN UND ARENDSEE

Jürgen Jahncke: Über die Klostergründung Parchow

Einleitung

Ursachen für den Aufbau von Feldklöstern waren religiöse, wirtschaftliche, kulturelle, politische und soziale Gründe. Kirche, Fürsten und Adel erhofften sich gleichermaßen Vorteile davon. Das Land war keinesfalls befriedet und galt als Land des Schreckens und der wüsten Einöde. Die Klöster wurden Siedlungsmittelpunkt für die ins Land einwandernden Deutschen und bildeten den Rückhalt für die Friedensbemühungen der Kirche im gespannten Verhältnis zwischen Deutschen und Wenden. Die Kirche benötigte Stützpunkte, um die Wenden zum Christentum zu bekehren. Das waren vorrangig die Klöster der Benediktiner, Zisterzienser und der Prämonstratenser, weil jene ihre Mitglieder sowohl missionarisch als auch seelsorgerisch einsetzten. Landesherren und der einheimische Adel stimmten mit den Zielen des Christentums wie „das Lob Gottes, die Pflege und Vertiefung des religiösen Lebens, der Welt zu entsagen, um der Welt zu dienen“ völlig überein. Klöster und Geistlichkeit vermittelten Bildung; lesen und schreiben konnte jedoch vorrangig nur der Klerus. Einrichtung und Tätigkeit der Klöster führten zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Weite Landstriche wurden in harter Arbeit mühsam nutzbar gemacht und schufen dadurch auch Voraussetzungen für die Ansiedlung von Kolonisten. Der Adel beschenkte die Klöster mit Spenden „um ihrer Seligkeit willen“ und sicherte den unverheirateten Töchtern und Söhnen Lebensraum in den Stiften.

Um 1210 gründete Heinrich Borwin I. in Parkow, dem heutigen Parchow bei Westenbrügge, ein Nonnenkloster, das der Mutter Gottes und dem Evangelisten Johannes geweiht wurde. Es lag unmittelbar an den Grenzen der Zisterzienser Abtei Doberan und in der Nähe des festen Ortes Bukow. Da es sich um eine landesherrliche Gründung handelte, bestand wohl auch keine enge Beziehung zu einer großen Ordensgemeinschaft.

Ernst von Kirchberg berichtet in seiner Reimchronik wie folgt darüber: dass Heinrich Borwin das Kloster „Sunnevwelt vf stad, was Klus genant by Westingenbrucke nahe irkant“ gebaut habe und dass es dort „nicht lengir me wan achte iar“ geblieben sei.

Das Kloster lag tatsächlich, wie es aus den Bewidmungsurkunden 1219 und 1235 ersichtlich wird, in Parkow nahe Westenbrügge. Jener Ort, wo das Kloster Neukloster bestand, wird ausdrücklich dreimal genannt. Es war ursprünglich ein Kloster der Benediktinerinnen und eine Stiftung Heinrich Borwins I. und seiner Gemahlin Adelheid, einer märkischen Prinzessin.
Über die Gründe der Verlegung des Klosters Sonnenkamp oder Sonnenfeld von Parchow in die Nähe der Burg Cuszin (Kussin) gibt es verschiedene Annahmen. Kirchberg vermutete als Grund den schlechten Boden und seine noch nicht genügend vorgenommene Kultivierung. Witte meinte, dass die Stiftung eines Nonnenklosters auf einem so vorgeschobenen Posten in der Neubukower Gegend damals etwas zu gewagt war. Eine Urkunde des Bischofs Brunward von Schwerin aus dem Jahr 1236 enthält die Bemerkung von der „Verwüstung durch die einst von dort vertriebenen Slawen“.

Vom Kloster Parchow ist wenig erhalten geblieben. Lisch fand in der Feldmark lediglich eine von Moor umgebene Erhöhung mit der Bezeichnung „Auf dem Kloster“ und in dessen Nähe den „Klosterbach“. Außerdem liegt angrenzend an einer Wiese eine Anhöhe, die früher „Sonnenberg“ genannt wurde und einst ein Klostergarten gewesen sein könnte. „Westlich von dem „Alten Kloster“ liegt der Kirchberg, auf der Directorialvermessungskarte von 1767 „Kark-Berg“ genannt. Nachgewiesen ist die Tatsache, dass Propst Alverich sowohl im Kloster Parchow als auch seit 1219 im neuen Kloster tätig war. Da auch ein Priester Alverich als Pfarrer in Proseken bei Wismar benannt wurde, ist anzunehmen, dass es sich damals bei der geringen Anzahl von Geistlichen im Lande um dieselbe Person handelt.

Als Fundus der Stiftung werden in der ersten Urkunde des Klosters genannt: „das Dorf Cuszin (Kussin), die beiden heute nicht mehr bestimmbaren Dörfer Marutin und Gusni, letztes mit dem dabei gelegenen See, dann Parchow, das 26 Hufen umfasste, ferner ein Dorf von 17 Hufen, das ein gewisser Zurizlaw gehabt hatte, 6 Hufen in Malpendorf samt der Hälfte der Mühle und der halben Meeresfischerei, der See bei Wichmannsdorf, 30 Hufen in Brunshaupten samt der halben Meeresfischerei, 8 Hufen in Klein Schwaß, 6 Hufen in Kamin, dann Golchen mit der Mühlstätte und Fischereigerechtigkeit, die Fischerei zum Mödentin, 10 Hufen in Kastahn, 20 Hufen in Techentin mit dem See und dem anliegenden Walde, ferner Roggentin und die Kirche zu Kessin. Durch Verzicht des Klosterpropstes Alverich und seiner Verwandten Adelheid zu Gunsten des Klosters kamen noch die Dörfer Hilgendorf (Minnowe) und Kornabgabe von 3 Drömpt aus der Kröpeliner Mühle hinzu. Es ist ersichtlich, dass schon die ältesten Besitzungen des Klosters z.T. weit nach Osten reichten, bis über Rostock hinaus (Roggentin).“ Es erhielt außerdem die Zehnten zu Cuscin (Kussin), Perniek, Nevern, Parchow, Malpendorf, Brunshaupten, Kamin, Golchen, Dämelow, Klein Schwaß, Roggentin und Techentin. Vermutlich wurden dem neuen Kloster in dieser Urkunde die alten Rechte noch einmal neu zugesprochen.

Das Nonnenkloster entwickelte sich zu einem der angesehensten und reichsten Nonnenklöster in Norddeutschland. Urkundlich belegt ist zwar seine Stiftung durch das Nonnenkloster Arendsee bei Salzwedel in der Altmark nicht, aber es „entspricht wohl den Tatsachen, dass das zum ältesten Gut des Klosters Sonnenkamp das Dorf „Arendsee“ an der Ostseeküste bei Neubukow in der unmittelbaren Nähe der Gebiete der Abtei Doberan gehörte.“ Mecklenburgs Fürstin Anastasia schenkte 1275 dem Nonnenkloster das Dorf. Im Schenkungsbrief heißt es: „Dies haben wir deshalb getan, damit Gott, der Herr von unaussprechlicher Barmherzigkeit, der wohl regiert und nichts übereilt, um der kräftigen Fürbitte willen dieser Dienerinnen Christi und wegen anderer guter Werke, welche bei ihnen so zahlreich im Schwange sind, unsern geliebten Gemahl, Hinrich von Mecklenburg, aus den Fesseln der Heiden, in denen er gefangen liegt, unversehrt errette und ihn uns und unsern Kindern und seinen Anverwandten, die in tiefer Trauer seiner Heimkehr harren, zu rechtem Troste zurücksende.“

Das Nonnenkloster Arendsee erwarb auch weitere Besitzungen in Mecklenburg und Pommern. Dabei handelte es sich um die Landgüter Wargentin und Rögelin, vermutlich als Belohnung für besondere Verdienste für die Kolonisierung und für den Bau von Kirchen.
Die Pröpste des Klosters Sonnenkamp hatten zu allen Zeiten von Amts wegen das so genannte Archidiakonat über die vom Kloster gegründeten Kirchen inne. Das traf für die Dörfer Neukloster, Nakendorf, Babelin, Brunshaupten, Techentin und Kessin zu.

Die Brunshauptener Kirche ähnelt trotz vieler mecklenburgischer Akzente durchaus denen der Altmark. Die märkische Baugestalt und die Behauung der Feldsteine sowie die Verwendung der Backsteine weisen darauf hin, dass die Nonnen Einfluss auf den Bau des Gotteshauses genommen hab. So scheint diese Kirche in Kühlungsborn möglicherweise die einzige Hinterlassenschaft des ehemaligen Klosters in Parchow zu sein.

Aus der Monumenta Germaniae paedagogica

„Ungefähr im Jahre 1210 stiftete Heinrich Borwin ein Nonnenkloster zu Parcow in der Nähe des Dorfes Westenbrügge bei Neukloster. Aber da die Gegend wegen der Unfruchtbarkeit des Bodens nicht geeignet erschien, so verlegte er das Kloster 1219 nach Neukloster in der Nähe von Warin und Wismar. Die neue Stiftung, auch Sonnenkamp genannt, bestätigte der Bischof Brunward von Schwerin, der seinerseits zu der reichen fürstlichen Morgengabe seinen Teil hinzufügte. Im Jahre 1236 scheint die Kirche geweiht zu sein, wenn die Anwesenheit Johannes’ von Schwerin, Bischof Brunwards von Schwerin, Erzbischofs Gerhard von Bremen, die Bischöfe von Ratzeburg und Lübeck, des Abtes von Doberan und anderer Geistlichen und Ritter im Kloster einen Schluß darauf zuläßt.

Das Kloster besaß sieben Kirchenpatronate; es erfreute sich der Gunst der Fürstin Anastasia, der Königin Agnes von Schweden, der Herzogin Katharina von Mecklenburg; der Gunst des Adels und der Bürgerlichen, besonders aus Wismar und Lübeck.

Wenn es noch über Schulden klagt, die öfter verzeichnet und geregelt werden müssen, so zeugt das nicht nur von vorübergehender schlechter Wirtschaftsführung oder gar von Vergewaltigung, sondern ebenso sehr von der großen Zahl der Insassen. In der Tat, im Jahre 1516 werden 54 Nonnen im Kloster gezählt.

Dasselbe unterhielt, wie sich nachweisen läßt, eine Außenschule. Einmal nämlich wird 1371 eine scholastica Ida erwähnt, zum anderen erschienen schon 1260, dann wieder 1402 und 1416 weltliche Kinder, die im Kloster unterrichtet werden und Pension bezahlen. Auch eine Cantrix oder Sangmestersche, wie sie sonst heißt, fehlt nicht.

Das Kloster wird bei seiner Stiftung als claustrum sanctimonialium sub regula Benedicti militantium bezeichnet – Nonnenkloster unter der Regel des Benedikt für das Ordensleben. Obwohl es mithin ein Benediktinerinnenkloster zu nennen wäre, ist es offenbar später in Beziehungen zum Cistercienserorden getreten, da Papst Klemens IV. in einem Schirmbrief von 1267 erwähnt: Ordo monasticas, qui secundum deum et beati Benedicti regulam atque institutionem Cisterciensium fratrum a vobis post conilium generale … – der Mönchsorden, der gemäß Gott und der Einrichtung der zisterziensischen Brüder nach der allgemeinen Versammlung euch gegeben ist. Dazu stimmt auch, daß das Kloster auf dem Generalkapitel zu Citeaux 1254 um die Freundschaft des Cistercienserordens warb und Anteil an den guten Werken, Messen und Fürbitten derselben erlangte. Trotz dieser Beziehungen zum Cistercienserorden hat also das Kloster seinen Jugendunterricht aufrechterhalten und damit eine segenreiche Kulturaufgabe in seinem Kreis erfüllt.“

Lisch, Georg Christian Fridrich: Neukloster, Parkow und Sonnenkamp, mit einem Anhange über den Tepnitz-Fluß

„Um das Jahr 1210 stiftete Borwin I. ein Cistercienser-Nonnenkloster zu Parkow, unmittelbar an den Grenzen der Cistercienser-Abtei Doberan und in der Nähe des festen Ortes Bukow, wo schon früh unter der Pflege eines Pfarrers christliche Bildung Wurzel schlug. Ernst von Kirchberg berichtet darüber in seiner mecklenburgischen Reimchronik ohne Zweifel aus guten Doberaner Quellen also:

Der furste Hinrich Burwy
lag der cristenheyde by;
dy aptgode künde her stören vast,
ouch stunt dar nach syns synnes mast,
wy her den gelouben merete
vnd vngelouben virserete,
vnd wy her kirchen stichte
mit wirdiglichir phlichte.
In godes dinste gantz virmelt
so buwete her da Sunnevelt
vf eyn stad, waz Clus genant
by Westingenbrucke nahe irkant,
da besaste her daz clostir schire
geistlich mit iungfrowlichir czire;
dy iungfrowen warin gentzlich so
des ordens von Cistercio.
By dem buwe waz vil hart
von Zwerin bischof Brunward
vnd ouch von Doberan alsus
der appid genant Matheus.
Daz closter bleib da gantz virwar
nicht lengir me wan achte iar:
Hinrich Burwy es baz bedachte
vnd iren nutz ouch me betrachte,
her nam vur yn synen mud,
daz dar der ackir wer nicht gud
vnd legete es an eyne beszir stad,
als es noch begriffen had,
vnd hiez es zu syme rechten nam
daz nuwe clostir sundir scham.
Daz geschach nach godes geburt virwar
czwelfhundirt vnd funf vnd czwenczig iar
Dyse geschicht geschach also
by babist Innocencio,
von Stouf der keysir Frederich
dy wyle hielt daz romische rich.
Waz gudes her yn dar zu gab
vm irer narunge irhab
den clostirn vnd iglichir stad,
dy her da gebuwit had,
ir pryuiley daz sagin
mit warheit sundir vragin.
Das Kloster ward im J. 1219 nach dem jetzigen Neukloster verlegt und hier neu gegründet. Kirchberg sagt, daß der Fürst Borwin das Kloster Sonnenfeld im Anfange auf einer Stelle bei Westenbrügge, welche Klause (clûs) genannt worden sei, gegründet habe, das Kloster hier aber nicht länger als acht Jahre geblieben sei. Danach muß die erste Stiftung im J. 1210 oder 1211 angelegt worden sein. – Uebrigens ist die Zeitrechnung Kirchbergs ganz falsch. Er setzt die Verlegung gegen den sichern Inhalt der Original-Urkunden in das Jahr 1225 und die erste Gründung in die Zeit des Abtes Matthäus von Doberan; dieser war aber 1219–1225 Abt (vgl. Jahrb. IX, S. 433), regierte also zur Zeit der Verlegung. Alle andern Zeitangaben, welche historischer Schmuck sein sollen, sind ebenfalls verwirrend; denn Papst Innocenz III. (1198–1216) lebte zur Zeit der ersten Gründung, Kaiser Friedrich II. (1215–1250) und Papst Honorius III. (1216–1227) zur Zeit der Verlegung des Klosters. Dennoch sind Kirchbergs sachliche Mittheilungen sehr dankenswerth.“
Borwin stiftete dieses Kloster zuerst zu Parkow bei Westenbrügge oder bei Neu-Bukow. In den Bewidmungs-Urkunden von 1219 und 1235 wird ausdrücklich drei Male „das Dorf Parkow genannt, wo das Kloster Neukloster zuerst gelegen habe“: („villa Parcowe, ubi primo claustrum situm fuit“.)

Die Stelle, wo das Kloster zu Parkow lag, wird noch heute mit vielen Namen genau bezeichnet. Wenn man von Westenbrügge nach Parkow geht, grade in der Mitte des Weges zwischen beiden Orten und etwa eine Viertelstunde von beiden entfernt, liegt, nahe an der Feldscheide, links am Wege, am Rande eines von dem unten erwähnten Bache durchflossenen lieblichen Buchenholzes, die Stelle des alten Klosters Parkow. Hier liegt eine weite Wiese, das „Rode-Moor“ genannt, welche früher, noch nach der Erinnerung alter Leute, ein tiefer Morast gewesen ist. In diesem Morast liegt ein festes, aber nur niedriges Plateau von oblonger Form, welches zu 785 Quadratruthen vermessen ist. Diese Wohnstätte heißt noch heute im Munde des Volkes und auf amtlichen Karten: „Auf dem alten Kloster“ und bei manchen Bewohnern ist noch die Sage von dem Kloster in Erinnerung, jedoch immer mehr im Verschwinden, da das Bauerndorf abgebrochen und statt dessen ein Hof auf der Feldmark aufgeführt ist. Durch die Wiese, und weiter durch das Holz, fließt ein Bach, welcher den alten Klosterplatz an beiden Seiten bespült; dieser Bach heißt noch heute der Klosterbach (de klosterbek). An die Wiese stößt eine kleine Anhöhe, welche früher, und auch jetzt noch wohl, der „Sonnenberg“ genannt wird, heute aber gewöhnlich Haideberg heißt; dieser Berg (1695 Quadratruthen groß) soll früher der Klostergarten gewesen sein. Ungefähr 125 Ruthen westlich von dem „Alten Kloster“ liegt der Kirchberg, auf der Directorial-Vermessungs-Karte von 1767 „Karck-Berg“, 3713 Quadratruthen groß.

Diese Stelle, im Moor, hat ganz den Charakter eines befestigten heidnischen Wohnplatzes, und man könnte denselben für einen fürstlichen heidnischen Burgwall halten, wenn er nicht so sehr niedrig wäre, jedenfalls wird er ein bewohnter Sitz zur Heidenzeit im fürstlichen Eigenthume gewesen und daher zur Stiftung eines Klosters weggegeben sein.

Dorf bei Kröpelin und Neu-Bukow noch aus der ersten Stiftung zu Parkow. Ich habe alle diese Oertlichkeiten selbst untersucht und auch von den Herren Pastor Priester, jetzt Präpositus zu Buchholz, und Pastor Hersen zu Westenbrügge Nachrichten darüber erhalten.

Es finden sich mitunter, jedoch sehr selten, einzelne heidnische Topfscherben und auch Bruchstücke von alten Ziegeln, und Herr Pastor Priester fand im J. 1843 ein spanförmiges Messer aus Feuerstein; es ist also nicht zu bezweifeln, daß der Ort zur heidnischen Zeit bewohnt gewesen ist.

Mit der Zeit sah aber Fürst Borwin ein, daß „der Acker nicht gut sei und verlegte im J. 1219 das Kloster dahin, wo die Gebäude noch jetzt stehen“. Im J. 1219 gründete der Fürst Borwin mit seinen Söhnen Heinrich und Nicolaus und mit Bewilligung seiner Gemahlin Adelheid das Kloster von neuem an einem andern Orte und schenkte demselben von seinem Hauseigenthume das Dorf Kussin, „wo der Ort gegründet ward, welcher von da an Sonnenkamp hieß“:
„de nostro patrimonio contulimus villam Cuszin, ubi locus idem fundatus est, qui nunc Campus Solls vocatur“ … von unserem Besitz geben wir das Dorf Cuszin in einer weiten Lage, an einem großen See und einem kleinen Flusse.

Dieses zweite Kloster ward also das Neue Kloster Sonnenkamp genannt, zuerst lange Zeit hindurch Sonnenkamp, darauf und jetzt allein Neukloster; ein Berg, welcher den jetzigen Hofgarten und die Scheuren berührt und den ganzen Klosterraum beherrscht, heißt der Sonnenberg.
Es ist die Frage, woher diese neue Stiftung den Namen Sonnenkamp (statt Kussin) erhielt. Ich kann nur glauben, daß Sonnenkamp eine Uebersetzung von Parkow ist, und daß, wie das alte Kloster nun, so noch jetzt das „Alte Kloster Parkow“ hieß, die neue Stiftung nach der alten das „Neue Kloster Parkow“, oder übersetzt Sonnenkamp, genannt ward. Die Sprachwurzel Park- ist in den slavischen Ländern ziemlich verbreitet und kommt dort oft vor, wo auch der deutsche Name Sonne oder der slavische Gegensatz: Schwarz-Czarne erscheint. So heißt die Waldhöhe bei der Stadt Parchim: der Sonnenberg, der Berg bei der Stadt Pirna: der Sonnenstein; so liegen die beiden Orte Parkow und Zarnin bei Bützow und Rühn und das wendische Heiligthum zu Althof bei Doberan liegt nahe bei Parkentin. Durch die offenbare Uebersetzung von Park-ow in Sonnen-kamp kommt man leicht zu der Annahme, daß das Wort Park-: Licht, Sonne, bedeute. Aber in allen alten slavischen Wörterverzeichnissen und nach der übereinstimmenden Versicherung vieler gewiegter slavischer Sprachforscher ist in allen slavischen Sprachen diese Sprachwurzel nicht zu finden. Es soll nur das vereinzelt stehende Wort paprschlak, welches Sonnenstrahl bedeutet, entfernt an das Wort park- erinnern. Dagegen soll die Sprachwurzel lettisch sein und pjörûn: Blitz bedeuten und an die östlichen heidnischen Gottheiten Parkun und Perun als Lichtgötter erinnern. – In dem Pommerschen Urkunden­buche I, S. 100, Nr. 40, wird von dem Orte Parcumi gesagt, daß der „Name vielleicht zum polnischen parkan: Plankenzaun, Pfostenzaun“ gehöre; man könnte dann annehmen, daß die heiligen Orte der Heiden zugleich befestigt gewesen und davon benannt seien. Aber es liegt nach der Uebersetzung von Parkow in Sonnenkamp doch näher, zu glauben, daß park – Sonne bedeute. Man müßte dann freilich annehmen, daß die Sprachwurzel lettisch sei, oder daß sie, was wahrscheinlicher zu sein scheint, innerhalb der geschichtlichen Zeit als Sachname untergegangen und nur in Ortsnamen erhalten sei, wie sich ja in allen Sprachen vereinzelte Wörter finden, welche außer allem Zusammenhange mit andern stehen und sich etymologisch nicht erklären lassen. Es ist etwas viel verlangt, daß sich grade alle slavischen Wörter etymologisch erklären lassen sollen.“

 

Schöfbeck, Sabine; Schöfbeck, Tilo; Witt, Detleff: Kloster Kloster Sonnenkamp in Neukloster

„Aus welchem Kloster die ersten Konventualinnen nach Parchow bzw. Neukloster übersiedelten, ist leider nicht nachweisbar. Die Herkunft aus dem altmärkischen Arendsee wurde in Betracht gezogen, da Borwins zweite Gemahlin Adelheid aus märkisch-askanischem Hause stammte, es Klosterbesitz im Mecklenburgischen gab und die spätromanischen Bauformen der beiden Querhausportale der Klosterkirche auch auf altmärkische Architektur verweisen. Im Besitz des Klosters befand sich außerdem das gleichnamige Dorf an der Ostsee, im Kirchspiel Brunshaupten (heute Ortsteil von Kühlungsborn).“

AUS DER MITTELALTERLICHEN GESCHICHTE DER DÖRFER BRUNSHAUPTEN UND ARENDSEE

Jürgen Jahncke: Die mecklenburgischen Dörfer im 16. und 17. Jahrhundert

Bauernstellen

Bauernstellen galten um 1500 als reine Familienbetriebe mit drei bis vier Erwachsenen auf jedem Hof. Ein Jahrhundert später betrug die Personenzahl auf einem Hof zwischen fünf bis sechs mit durchschnittlich ein bis zwei Bediensteten. Mit dem Anstieg der Bevölkerung erhöhte sich auch die Zahl der auf einem Bauernhof tätigen Menschen. Diese Tatsache und die ständig wachsende Nachfrage nach Getreide erforderte eine Vergrößerung der Anbauflächen. Das geschah vorrangig durch Urbarmachung von altem Weideland und durch Rodungsflächen. Diese wirtschaftlichen Veränderungen ließen im 16. Jahrhundert auch erstmals großräumige Bauernhäuser mit breiter Dreschdiele entstehen. Mit steigendem Wohlstand baute man ofenbeheizte Stuben und Kammern in Abseiten neben der Durchfahrtsdiele und Ställe ein. Aufzeichnungen des Klosteramtes Ribnitz aus dem Jahr 1620 enthalten aus verhältnismäßig früher Zeit genaue Beschreibungen von Bauernhäusern.

Aus dem Dorf Bartelshagen liegt eine anschauliche Gebäudebeschreibung vor:

„Hans Westphal, ein Baumann. Sein Haus ist von 7 Gebinden29 ohne beide Kihlende.
Vor den großen Tor und Heck an einer Seiten zwei, in der andern ein Stall, uff beiden Abseiten Stallung.
Bei der kleinen Tür, unter den hintersten Kyhlende, eine Stuben, darin 3 Fenster, 1 Kachelofen, umbher eine Lehmwandt mit einem Windelboden30, dabei eine Lucht31 von 4 Fenstern.
Über der Dehle ein Bahlenboden mit Lehm beschlagen halb, die an der Hälfte mit Schlet belegt.
Das Holzwerk, Ständer und Wände gut, das Dach ist ziemlich.“

▲ Carl Malchin. Bauerndiele in Wittenförden 1872.

„Der Baubestand und die Einrichtung sind klar.Das Haus von sieben Gebinden bzw. sechs Fach Länge war vorne und hinten mit Vorschauern oder Kühlenden unter zwei Vollwalmen versehen. Wie noch heute im Nordosten Mecklenburgs üblich, lag das große Einfahrtstor zurückgezogen zwischen den beiden Vorschauern. Die Diele führte frei durch das ganze Haus. In den beiden Abseiten befanden sich Ställe und an der einen Seite neben der Stube eine Lucht, d. h. ein Dielenarm, der bis an die Hauswand reichte und dort mit Fenstern versehen war. Diese Lucht, in der der Herd lag, wurde als Küche benutzt. Der einzige geschlossene Raum im Hause war die mit Lehmwänden und einer Decke (Windelboden) versehene heizbare Stube unter dem hinteren Dachwalm neben der Küchenlucht. Der Kachelofen wurde wahrscheinlich vom Herd aus geheizt.“

Abgaben der beiden Dörfer Brunshaupten und Arendsee im Mittelalter

1430Brunshoveden19 ½ Mark (M)Marendesze10 M
1441Brunshovet 19 ½ MMantzee10 M
1477Brunshoveden8 MArendessse4 M
1519die halbe Landbede38
Brunshoveden5 MMarendetzee2 ½ M
1524Brunshovens20 MMarentze10 M
1526Brunshoven20 MMarentze10 M
1544die halbe Bede
Brunßhovede:8 M, 2 SchillingArentzee2 ½ M
Brunßhovede: 10 Höfe, 31 Steuerzahler, davon 1 Krug, 1 Schmied, 1 Müller
Arentzee: 5 Höfe
1545Brunshovede: 34 Steuerzahler; Arentse: 10 Steuerzahler
1553Brunßhovede: 32 Steuerzahler; Arenthsee: 10 Steuerzahler
1556Brunshovede: 10 Höfe, 11 Katen, 1 Schmiede, 1 Mühle, 1 Krug
Arenthsehe: 5 Höfe, 2 Katen (gehören zu den Höfen), 1 Schneider

▲ Urformen des Niedersachsenhauses in Mecklenburg.
Engel, Franz. In: Mecklenburgische Jahrbücher, Band 104 (1940) S. 145 f.
1558Brunshoveden: 17 Hufner39, 2 kleine Hufner, 12 Kätner
Anteile am Ablager: 18 Bauern hatten den Zehnten an Lämmern, Gänsen und Garben und Roggen nach Neukloster zu liefern, 10 Bauern hatten Vogtdienst in Malpendorf zu verrichten. Zwei Schmiede waren verpflichtet, dem Hofmeister von Malpendorf die Pferde zu beschlagen.
Arentsehe: 7 Hufner, 2 Kätner
Anteile am Ablager: den Zehnten an Lämmern, Gänsen, Garben und Roggen an Neukloster

1569/70
Einzelaufstellung von Naturalleistungen für das Jägerablager von Herzog Ullrichs Hofmeister zu Brunshaupten: „1 Tonne Bier, 6 Scheffel Hafer, 1 Lamm, 1 Fass mit „drogen Fleisch“ (getrocknetes), 1 Gans, 4 Hühner, 3 Pfund Butter, 1 Lot Pfeffer, Weißbrot, Salz und Zwiebeln, 1 Kanne Essig, Lichter, 1 Pfund Speck, 2 Schilling Koch- und Zapfgeld.“

1570
Carspel Brunshoveden
Brunshevet: 10 Hufen, 9 Katen, 2 Schmiede, 1 Krug, 1 Mühle
Arendtsehe: 5 Hufen 2 Katen (gehören mit zu den Hufen)

▲ Abbild des Dorfes und Gutes Meierstorf bei Grevesmühlen um 1580. Peter Böckel.
1571
Brunshovet: 10 Hufen, 11 Katen. Schmiede, Krug, Mühle, 1 Leinenweber
Abgaben: Konningsbete: 13 Gulden, 8 Schilling, Stolbete: 9 Schilling, 4Pfennig, Jegerablager: 1 Gulden, 8 Schilling, Ablager: Hafer 5 Drömpt, 1 Ochsen, 10 Schweine
Herzog Ulrichs Hofmeister: Jägerablager: 5 Gulden, 9 Schilling
Arendtsehe: 5 Hufen, 2 Katen (gehören mit zu den Hufen)
Abgaben: Konningsbete: 6 Gulden, 16 Schilling, Stolbete: 5 Schilling, Jägerablage: 10 Schilling, Ablager: Hafer: 2 Drömpt, 9 Scheffel, 1 Ochsen, 4 Schweine

1580
Brunsheupt: In diesem dorf haben die fursten zum ambt Bukow des hoehisten gerichts zwei teil sampt allen diensten und was sonsten hierunter beschrieben volgt. Der ubrige dritte teil des hoehisten, die nidrigsten gerichte, uf- und ablaes etzliche pechte sampt den zehenden vom korn, schaeffen, und gensen, flachs, an zehender garb und stucken gehoeren gen Newen Closter, deßgleichen von jungen fahlen und kelbern per heupt 3 Pfennig, auch von jederer woert 1 Schilling, dagegen sie die zehend garb innebehalten, – Und wohnen daselbst 16 bawleute, 13 kotsassen, die haben unter sich 10 huefen.

Und geben dieselben semptlich zum ambt Bukow 13 Gulden, 8 Schilling konnigsbete, 10 schilling stolbete, 1 gulden voigtsgenies, 9 gifftgense. – Dieselben geben auch an ablager 13 Gulden, 8 Schilling zu 2 ochsen, 13 Gulden 8 Schilling fur 2 schweine, 6 Gulden fur 6 schaeffe,1 Gulden, 8 Schilling jedergelt, 1 Gulden fur 4 leddige tunnen (-35 Gulden an gelde), 1 Drömpt, 4 Scheffel gersten zu 4 t. bier, 6 Drömpt, 8 Scheffel habern.- Wan die hern in ambt oder zur Wißmar, geben sie huener und eyer, wan man ihn ansaget.

Noch ist daselbst ein meyerhof41, gehoeret gen New Closter, gibt hierher jerlich zu jegerablager fur alles 3 Gulden, 15 Schilling.

Noch ein freischlutz, gibt pacht gen New Closter und thut den ambtleuten zu Bukow außrichtung.

Zu doppelter landbete geben sie: Bauern 13 Gulden, 8 Schilling, von den 11 Kätner 3 Gulden, 16 Schilling, ein Möller 1 Gulden, 8 Schilling, ein Schmide 1 Gulden, 8 Schilling, ein Krüger 1 Gulden, 8 Schilling, drei Leineweber Gulden.

Arndtsehe: Diß dorfs hochsten gericht zwei teil sampt allen diensten und hierunter beschrieben gehoeret zum ambt Bukow, der dritte teil hoehisten sampt den nidrigsten gerichten, uf- und ablaes, etzlichen pechten mit den zehenden an korn den zehenden garben, zehenden lambs, zehende ganß, zehenden flachs, und dan fur ider heupt junger fahlen und kelber 3 Pfennig, dan auch fur ider wuert, dagegen sie die zehendgarbe innebehalten, 1 Schilling gehoeret gen New Closter. – Und wohnen daselbst 7 bawleute, 2 kotsassen, die haben unter sich 5 landthuefen.

Und geben semptlich zum ambt Bukow 6 Gulden, 16 Schilling konnigsbete, 5 Schilling stolbete, 16 Schilling voigtsgeniess, 7 gifftgense. An Ableger 6 Gulden, 16 Schilling fur 2 ochsen, zu huelf den Brunsheuptern, 5 Gulden, 8 Schilling fur 4 schweine, 3 Gulden fur 3 schaeffe, 12 Schilling fur 3 leddige tunnen, 12 Schilling jegergelt (16 Gulden an gelde), 8 Scheffel gersten zu 2 tunnen bier, 3 Drömpt, 8 Scheffel habern. – Wan die hern uf der nehe, geben sie huener und eyer, wan ihn wirdt angesagt.- Zu doppelter landtbete, wan die gehet, geben sie semptlich 6 Gulden 16 Schilling.“

1595
Brunsvoede: 16 Bauern, 13 Kätner, haben 10 hofen. Seindt den fursten midt gericht und diensten vorwandt, von dem gericht aber gehordt der 3. Pfennigk nach dem Newen Kloster. Geben jerlichen 13 Gulden, 8 Schilling konnigesbete, 10 Schilling stolbete. 1 Gulden,8 Schilling jedergeldt, 1 Gulden voigtsgenies, 29 genße, 1 ochsen, 10 schweine, 6 schafe, 1 Drömpt, 4 Scheffel gersten, 6 Drömpt, 8 Scheffel habern, 1 Gulden tonnengelt. Der schultze daselbst, ein freyschultze, ist den amptleuten, so sie kommen, notturfige ausrichtung zu thuen schuldich. Honer und eyer, so oft die f. ins ampt kommen, auf erfurdern. Der zehendt an korn, lemmer, gense und flaß, auch etzliche pacht und rentegeldt, gehoret nach Newen Closter.

Arendt Sehe: 7 Hufner, haben 5 Höfe unter sich. Seindt den fursten midt gericht und allen diensten vorwandt nach Buckow; under den gehogsten gerichten aber gehordt der 3. Pfennigk nach Newen Closter. Geben jerlich 6 Gulden, 16 Schilling konnigesbete, 5 Schilling stolbete, 12 Schilling tonnengeldt, 12 Schilling jedergeldt, 16 Schilling voigtsgenieß, 1 ochsen, 4 schweine, 3 schafe, 8 Scheffel gersten, 3 Drömpt, 8 Scheffel habern. Den amptleuten jerlich ablager. Honer und eyer, so oft die hern im ampte, nach erfordern. Der zehende an korn, lemmer, gense und flachs, so wol auch etzliche geldtpacht gehordt nach Newen Closter.“

1596
Brunshovede: In diessem dorfe hadt daß ampt Buckow, wie im ersten Titel gemelt, die gericht und dienste, der dritte pfennigk aber gehoredt dem ampt Newen Closter. Nun ligt in demselben Dorfe ein meyerhof, derselbe gibt 3 Gulden, 15 Schilling jegergeldt. Ob es nun midt den gerichten gleicher gestaldt, wie im dorffe geschaffen, hadt man noch zue zeidt keine gewisse nachrichtung.“

„Lasset alles ehrlich und ordentlich zugehen“

Die Reformatoren haben sich, entsprechend der Aussagen der Heiligen Schrift, auch immer für eine feste Ordnung in der Gemeinde eingesetzt. Deshalb steht als Leitwort an der Spitze vieler Kirchenordnungen „Lasset alles ehrlich und ordentlich zugehen.45“ oder „Denn wenn ich auch dem Leib nach abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch, freue mich und sehe eure Ordnung und die Festigkeit eures Glaubens an Christus.“46 Die Entstehung und Entwicklung solcher Ordnungen ist untrennbar ein Teil der Entfaltung der evangelischen Kirchen. Denn zunächst richteten sich die Reformbestrebungen nur gegen einzelne Punkte des herrschenden kirchlichen Systems.

Den Reformern lag es im Augenblick der Umsetzung ihrer Veränderungen fern, wie ein Gesetzgeber neue Vorschriften zu verfassen. Luther schrieb: „Es ist nicht meine meinunge, das ganze deutsche land so eben müste unser Wittenbergische Ordnung annemen. Ists doch auch bisher nie geschehen, das die stifte, klöster und pfarhen in allen stücken gleich wesen gewesen, sondern fein were es, wo in einer izlichen herrschaft der gottesdienst auf einerlei weise ginge, und die umbliegenden stedlin und dörfer mit einer Stadt gleich bardeten; ob sie in andern herrschaften dieselbigen auch hielten, oder was besonders dazu theten, soll frei und ungestraft sein.“47

Doch das war eine Idealvorstellung. Die Wirklichkeit sah anders aus. Es war eine revolutionäre Zeit, eine Zeit der Umwälzung, der Anarchie, der Zerrüttung der Kirche, der Herausbildung von Sekten, die Zeit des Bauernkrieges. Nur die Landesherren waren zu diesem Zeitpunkt in der Lage, die Reformation durchzusetzen und die Ordnung in ihrem Lande herzustellen, dazu gehörte auch die Umsetzung einer Kirchenordnung, die das innere und äußere kirchliche Leben beinhaltete. Die Landesherren erließen und publizierten die Ordnungen und Anordnungen. Sie ordneten Visitationen und Inspektionen an und erteilen dafür die notwendigen Weisungen und Regeln.

Die Zersplitterung des Deutschen Reiches, die Kleinstaaterei, ließ territorialbegrenzte protestantische Kirchenordnungen entstehen, die sich in den Grundsätzen ähnelten.

Die Mecklenburgische Kirchenordnung von 1552 enthält verbindliche Handlungsangaben und Bestimmungen für die reformierte Kirche. Die Ausführungen umfassen nicht nur die Christliche Lehre und Zeremonien, sondern auch exakte Vorgaben für Gebete, Taufen, Abendmahl usw. Sie behandelt auch nachfolgende Themen: „Wie mit den Leuten in der Beicht zu handeln.“ „Wie man die krancke Leute berichten vnd trösten sol.“ „Breutgam vnd Braut zu trawen vnd segenen.“ Sie enthält Abhandlungen wie z. B. „Von erhaltung Christlicher Schulen vnd Studien“ und „Von unterhaltung vnd Schutz der Pastoren“ und unterscheidet zwischen der Kirchenordnung in den Städten und auf den Dörfern.

AUS DER MECKLENBURGISCHEN KIRCHENORDNUNG 1552
Aus der „Kirchenordnung vff den Dörffern“

Alle Sonnabent nach mittage vmb zwey/ vnd alle heilige abend/ wenn des andern tages die versammlung des Volcks geschihet/ sol vff den Dörffern der Custos zur Vesper leuten. Vnd wo der Pfarherr im Dorff wonet/ sol er bald nach dem andern Puls/ in die Kirche komen/ vnd singen mit seinem Custos mit einen Psalm deudsch vnd vnterschiedlich/ das man jn wol verstehen künne. Darauff eine Antiphen/ darnach den Dymnum/ O Lux beata, deudsch/ oder ander gute gesenge/ nach gelegenheit der zeit/ der Fest/ vnd der Sontage. Denn das Magnificat deusch/ vnd die Collecta/ Item/ Benedicamus. Darnach/ Erhalte vns Herr etc. Vnd/ Verleihe vns friede gnediglich.“

So aber Menner vnd Frawen in die Kirch komen (dazu sie der Pfarherr vleissig vermanen sol) so sol man eine deudsche Lection lesen/ aus dem alten oder newen Testatment. Vnd darauff das Magnifikat/ vnd einen Psalm deudsch singen. Darnach sol der Pfarherr die Leute verhören/ die des andern tages zur Communio gehen wollen.

Es sollen auch die Pfarherrn dieser vorgeschrieben Ordnung also nachkommen/ das sie nicht am Sonnabende zu felde lauffen/ vnd den gantzen tag kein Buch in die hend nehmen/ wie bey etlichen ein gebrauch ist/ Sondern in alle wege am Sonnabende jre Lere vnd Lectio vbersehen/ vnd nach mittage jre Vesper vnd Beicht hörens warten/ vnd daran keinen vleis sparen.

Visitatio

zufragen/ von den folgenden Artickeln/ wie auch die erforderten Personen aus dem volck.

Zum ersten/ was der Pastor vnd Diaconi leren/ vnd ob sie jres Ampts warten/ zu gebürlcher zeit predigen/ vnd Sacrament reichen/ vnd zu den krancken komen/ so sie gebeten werden. Vnd ob sie vff bestimpte zeit die jugend hören im Chatechismo. Item/ ob sie die Privat absolutio erhalten/ vnd einem jeden in sonderheit sprechen/ vor der Communio.

Zum andern. Ob einigkeit zwischen den Kirchenpersonen.

Zum dritten. Von sitten der Pastoren/ vnd Diacon.

Zum vierden. Vom Volck/ Ob in der Stad/ oder im Dorff/ Personen sind/ die in öffentlichen Sünden leben/ Als im Ehebruch/ vnehelicher beywonung/ oder anderer vnzucht.

Zum fünfften. Ob jemand da zauberey treibe.

Zum sechsten. Ob noch Walfarten/ oder andere öffentliche Abgötterey am selbigen ort sey.

Zum siebenden. Ob jemand da lesterlich rede/ wider Gott/ oder wider Christliche Lere.

Zum achten. Ob jemand nicht zu Christlicher Communio gehen wolle.

Zum neunden. Ob etliche falscher Lere vnd Secten/ als der Widerteuffer/ oder andern/ die vnsere Kirchen lestern/ anhengig sind/ vnd spaltungen machen.

Zum zehenden. Ob Wucherer da sind.

Zum elfften. Ob auch mutwillige Leute sind/ die dem Pastor und den Diacon drewen/ oder sie schmehen/oder pochen.

Zum zwelfften. Ob etliche eheliche Personen von ein ander gelauffen sind.

Zum dreizehenden. Ob etliche Eheleut in vneinigkeit mit einander leben

Zum vierzehenden. Ob etliche Kinder jre Eltern pochen oder schlagen etc.

Zum funffzehenden. Wie es mit dem Begrebnis gehalten werde.

Zum sechzehenden. Wie die Schul regirt werde/ vnd wie die Personen versorgt sind.

Zum siebenzehenden. Von vnterhaltung des Pastors vnd der Diacon.

Zum achzehenden. Ob jemand auch der Kirchen etwas entzogen hab/ Acker/ wiesen/ holtz/ oder andere güter/ oder zins/ Vnd ob jemand den Pastorn vnd Diacon nicht bezalen wolle/ das er schuldig ist.

Zum neunzehenden. Von den gebewen der Kirchen/ behausung des Pastors/Diacon/Schulen vnd des Custos49 wonung.

Zum zwenzigsten. Von den Hospitaln/ vnd von den Armen/ welchen die Kirche mus hülffe thun.“

Mussäus. Johann Jakob Nathanael: Über die niederen Stände auf dem flachen Lande in Mecklenburg-Schwerin. (1837)

„Die Bauerhäuser in Meklenburg sind meistentheils ohne Schornsteine, und dann durch das Gatter in zwei Theile getheilt; der Rauch muß durch Thüren und Dach ziehen. Im vorderen Hausraume ist eine lange Hausdiele zum Dröschen und Aufbewahren des Stadtwagens; die Hühner nisten in aufgehängten Strohwischen; rechts und links sind Kammern für Knechte, und Ställe für Pferde, Ochsen, welche Ställe nach der Diele zu offen stehen, gemeinhin auch einige Tröge. Im hinteren Hausraume ist die kleine Diele (buten in‘n Hus – außen im Hause genannt) mit der Küche und der Hinterthüre (lütt Dhör, Achterdhör – kleine Thüre, Hinterthüre), die Küchendecke, mit Schinken, Speck, Würsten des Räucherns wegen behangen, zu einer Seite die Wohnstube (Dönsk) mit Kammern, zur andern mehrere Kammern. Der, mit Schleeten bedeckte Boden über und neben der langen Hausdiele heißt Hill und wird zum Aufbewahren des besten Futters benutzt; Hill heißt auch öfters ein bequemer Sitz hinter dem Ofen. – Die Wände sind von Lehm aufgeführt, die Fußböden mit Lehm, auch wohl Steinen und Brettern gedielet, die Böden über dem hinteren Hausraume Windelböden, das Dach von Stroh, und an jedem Giebel (Kühlende) zwei Maulaffen (Mulapen), aus Holz geschnitzte Pferderöpfe, kreuzweise angenagelt – eine Erinnerung an die heiligen Rosse der Alten. Hinter dem Hause pflegt der Garten zu sein, und vorne der, mit Scheuer und Ställen besetzte, Hof als ein großer Dungplatz benutzt zu werden. Das Ganze ist von einem einfachen Zaune oder Doppelzaune (Hakelwerk) oder einer Steinmauer umschlossen. – Im Strelitzschen lebt der Bauer vom Vieh getrennt und sein Hof gleicht einem kleinen Pachthofe.

Die Tagelöhnerwohnungen (Kathen) sind den Bauerhäusern ziemlich ähnlich, nur ohne den vorderen Hausraum und in kleinerem Maaßstabe, oft zwei, drei an einander gebauet, daher zweihischige, dreihischige Kathen. Die Kathenleute geben keine baare Miethe, sondern auf den Höfen leistet die Frau für die Benutzung der Wohnung 90 bis 100 Frohntage jährlich, und in den Dörfern muß der Kathenmann mit seiner Frau in der Ernte seinem Bauern helfen.

In den Bauerstuben fehlen nie ein langer, starker Tisch, eine Wanduhr, einige Bänke, auch Stühle, auf welchen letzteren zuweilen Polster liegen, und ein hochaufgethürmtes Ehebette, bei Festlichkeiten mit farbigen Schleifen besteckt, häufig in Alkoven, öfters, besonders südlich, mit Gardinen. Hin und und wieder ist an der Wand ein roth und blau bemaltes Gesimse angebracht für Kalender, Bibel und Gesangbuch, schöne Aepfel und hübsche, auf Jahrmärkten gewonnene, Schüsseln. Jeder Hausgenosse hat an der Wand oder am Tische in ledernen Hefteln seinen hölzernen Löffel, der gemeinhin nie gewaschen, sondern nur abgewischt wird. – In den Kathenstuben finden sich gewöhnlich nur ein kleiner Hängeschrank, einige Brettstühle, statt des Tisches oft nur eine platte Lade. Ein Unter- und ein Oberbette mit Pfühl und blauen Kopfkissen, 2 Paar Betttücher, einige Hemden und Hemdschürzen sind oft alle Wäsche, und doch ist Ungeziefer selten, außer auf dem Kopfe, wo es für ein Zeichen von Gesundheit gilt. Hühner und Gänse mit ihren Jungen pflegen Winters und Frühjahrs hinter dem Ofen zu hausen. Allgemein beliebt sind stark geheizte Zimmer und dennoch warme Kopfbedeckung.“

Wenn Sie noch mehr über die Geschichte „800 Jahre Kirche in Kühlungsborn“ erfahren möchten, können Sie hier das ausführliche Kompendium im eReader anschauen oder als PDF herunterladen.