BRUNSHAUPTEN UND ARENDSEE IM ERSTEN WELTKRIEG
Heinrich Schreiber
Bericht von der Kreuznagelung am 21.08.1915
„Der diesjährige Verkehr in den Ostseebädern (1916)
Gedicht zur Einweihung des Kriegerdenkmals am 18.09.1921 in der Kirche
KÜHLUNGSBORN IM ZWEITEN WELTKRIEG
Jürgen Jahncke
Gottesdienste nach Fliegeralarm
Der Reichminister für die kirchlichen Angelegenheiten legt in einem Rundschreiben vom 28. Dezember 1940 fest, wie mit kirchlich geplanten Veranstaltungen an Tagen nach nächtlichem Fliegeralarm zu verfahren sei.
Danach sollte die Bevölkerung nach einem nächtlichen Fliegeralarm am darauf folgenden Tag nicht durch kirchliche Veranstaltungen abgehalten werden sondern sich zu erholen und an Arbeitseinsätzen teilzunehmen. Das betraf auch kirchliche Veranstaltungen an Sonn-und Feiertagen. Wenn die Entwarnung vor 24.00 Uhr erfolgte, dann konnten am nächsten Tag bereits vor 12.00 Uhr kirchliche Veranstaltungen angesetzt werden. Von dieser Anordnung waren die Spendung der Krankenkommunion und Sterbesakramente nicht betroffen, aber Beerdigungen und die Öffnungszeiten der Kirchen. Sie hatte auch keinen Anordnungscharakter für den Konfirmanden-, Beicht- und Kommunionsunterricht.
Das Kirchensiegel
Konsistorialrat Kruse, der im Zeitraum Juni 1940 bis 1941 den als Soldat eingezogenen Pastor Paul vertrat, machte den amtierenden Bürgermeister Gloede am 21. Januar 1941 darauf aufmerksam, dass die Kirchgemeinde in ihrem Dienstsiegel das Stadtwappen Kühlungsborn führe.
Daraufhin informierte der amtierende Bürgermeister die Gauleitung der NSDAP über diese Tatsache und bat um Verhaltensmaßnahmen. Die Gauleitung der NSDAP bat den Oberkirchenrat um eine Stellungnahme. Sie schrieb: „Unter dem 3. Januar 1939 beantragte der Pastor Paul (Kühlungsborn) die Genehmigung eines neuen Kirchensiegels, dessen Entwurf er einreichte. Er bemerkte in seiner Eingabe: ‚ Der Bürgermeister des Ostseebades Kühlungsborn hat sich mit der Verwendung des Kühlungsborner Wappens einverstanden erklärt.‘ Das war ungewöhnlich, weil die Kirchenleitung der Auffassung war, das betreffende Kirchengebäude im Siegel zu führen. In den Akten der Stadt konnten die Beamten keinerlei Vermerke zu dieser Angelegenheit finden. Daraufhin forderte Gloede die Gauleitung Mecklenburg, Amt für Kommunalpolitik, auf, das Stadtwappen aus dem Kirchensiegel entfernen zu lassen. Nach Absprache zwischen Gauleitung und Oberkirchenrat ersuchte Letzterer, Konsistorialrat Kruse in Kühlungsborn den Entwurf für ein neues Kirchensiegel zur Genehmigung vorzulegen. Am 14. März 1942 teilte Gloede der Gauleitung mit, dass die Kirche Kühlungsborn nunmehr ein neues Kirchensiegel angeschafft habe.
Verordnung über die Handhabung des Feiertagsrechts im Krieg
Die Verordnung über die Handhabung des Feiertagsrechts während des Krieges vom 27.10.1941 (RGBL. I S.662) schränkte den Umfang der kirchlichen Veranstaltungen an den meisten kirchlichen Feiertagen ein. Eine solche Regelung war durch die Kriegslage, „die eine restlose Anspannung aller Kräfte und volle Ausnutzung aller Produktionsmöglichkeiten erfordert, bedingt.“6 In Kühlungsborn waren solche Maßnahmen nicht angebracht.
Keine schützenswerten Kulturgüter im Besitz der Kühlungsborner Kirche
Am 28. April 1942 bestätigte Propst Timm, dass die Kirche keine besonders wertvollen Kunstgegenstände besäße, die zu ihrem Schutz vor Luftangriffen sicher aufbewahrt werden sollten. Das entsprach nur der Meinung von Pastor Timm.
„Niemand darf euch sehen, dann sind wir alle verloren!“
Die Jüdin Rosemarie Dessauer, 1923 in Berlin geboren, versteckte sich ab 1943 lange Zeit bei einer Freundin. Nach der Deportation ihrer Mutter und ihres Bruders in das Konzentrationslager Auschwitz war es Johannes Schwarzkopff, Pfarrer der Immanuellkirche in Berlin und ehemaliger Vorsitzender der Bekennenden Kirche Mecklenburgs, der sie schützte und von einem Pfarrhaus zum anderen weiterreichte, wohl wissend, dass das Verstecken von ,Volljuden‘ mit schärfsten Strafen geahndet wurde. Den Kindern der Pastorenfamilien wurde sie deshalb als nahe Verwandte vorgestellt. So fand sie Unterschlupf im Pfarrhaus Pokrent, Belitz, und in den Pfarrhäusern der Brüder Timm in Reinshagen, Kessin und Neubrandenburg. „Die Befreiung erlebte sie im Mai 1945 in Kühlungsborn im Hause des Vaters der drei Brüder, Kirchenrat i. R. Karl Timm.“
Jahncke, Jürgen: Kirche hilft in der Not
In den Jahren 1946 bis 1950 entwickelte die Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde in Kühlungsborn ein reges Leben. Die von ihr entfaltete Nachbarschaftshilfe wirkte sich besonders positiv auf den Zusammenhalt der Gemeinde aus. Die Pastorenfamilie Drefers beheizte ihr großes Wohnzimmer und öffnete es für alle Bedürftigen, die Schutz und Wärme suchten. Sie organisierte 1946 ihre ersten beiden Altennachmittage zur Linderung der Hungersnot. Es gab Erbseneintopf, Kuchen und Kaffee. In der Kirche und im Gemeindehaus stellte Pastor Drefers den „Korb der Barmherzigkeit“ zur Entgegennahme von Natural-, Kleidungs- und Geldspenden auf. In der Adventszeit wurde der Korb zum „Adventskorb“ umfunktioniert. Die Spenden der Gemeindeglieder kamen Alten, Einsamen und Kranken unabhängig von ihrer Konfession zugute. In der Stillen Woche startete der Pastor einen zusätzlichen Mittagstisch für bedürftige Kinder bei Bauern und Büdnern. Die Kinder benannte der Schularzt. So konnten insgesamt 90 Mädchen und Jungen zweimal wöchentlich ein zusätzliches Mittagsessen erhalten. Die Kirchgemeinde betreute selbstlos die 14 blinden Männer und Frauen im Ostseebad. Mitglieder der drei Frauenkreise der Gemeinde richteten einen Besuchsdienst in den Altersheimen ein. Sie ließen sich von dem Motto „Für jeden Bettlägerigen eine Helferin“ leiten. Zwei Speisungen, einmal für 100 Kinder über 48 Tage, ein zweites Mal für 50 ebenfalls bedürftige Kinder über 100 Tage, organisierte die Kirchgemeinde genauso wie eine Speisung von 70 alten bedürftigen Menschen über 25 Tage lang. Das Essen spendete das Hilfswerk der evangelischen Kirche. Frauen bildeten einen Nähkreis und richteten gleichfalls eine Nähstube ein. Sie sammelten in der Gemeinde alte, gebrauchte Kleidung, um daraus Neues für Bedürftige zu schneidern. Unentgeltlich fertigten sie für jene, die keine Nähmaschine besaßen, die erbetenen Kleidungsstücke an. Um die Auslagen und Unkosten hierfür zu decken, strickten und bastelten die Frauen in ihrer Freizeit verschiedene Gebrauchsgegenstände, die sie auf Basaren verkauften. Am 20. Dezember 1948 lud die Kirchgemeinde 20 an Tuberkulose erkrankte Kriegsheimkehrer aus dem Krankenhaus zu einer Weihnachtsfeier ins Diakonissenheim ein. Gäste waren Dr. Hoffmann, Ärztlicher Direktor des Krankenhauses, Oberschwester Martha Kosch, zwei weitere Krankenschwestern und Frauen der Gemeinde. Wöchentlich einmal wurde im Krankenhaus „Iduna“ eine Bibelstunde durchgeführt. Zweimal jährlich reichte Pastor Drefers hier zur Passions- und Adventszeit das Heilige Abendmahl. Im Krankenhaus führte er bis zum staatlichen Verbot 1952 regelmäßig eine monatliche Andacht durch. In den drei Kinderheimen „Lindenhof“, „Jacobi“ und „Rafoth“ fanden bis zum Verbot 1953 einmal in der Woche Kindergottesdienste statt. Das ehemalige Kindererholungsheim „Lindenhof“ wurde durch aktive Mitwirkung von Pastor Drefers zum Kinderheim für Waisen umfunktioniert, von der Inneren Mission der evangelisch-lutherischen Kirche übernommen und geführt. Hier konnten 24 elternlose Kinder aufgenommen werden. Pastor Drefers führt in seiner Chronik aus, dass die Kirchgemeinde mit ihren Aktivitäten ungeteilte Anerkennung der Bevölkerung fand. Das hatte in den ersten Nachkriegsjahren zur Folge, dass sowohl Stadtverwaltung als auch politische Organisationen und Parteien betont Wert auf ein gutes Einvernehmen mit der Kirchgemeinde legten. Wörtlich heißt es bei Pastor Drefers: „So z. B. geschah es – was wohl einmalig sein dürfte – dass beim Wechsel eines Bürgermeisters oder Pionierleiters der Neue wie ‚selbstverständlich‘ seinen Antrittsbesuch beim Pastor machte oder dass die politischen Organisationen es nicht wagten, ihre Veranstaltungen zum Zeitpunkt von Gemeindeveranstaltungen zu legen.“
Wenn Sie noch mehr über die Geschichte „800 Jahre Kirche in Kühlungsborn“ erfahren möchten, können Sie hier das ausführliche Kompendium im eReader anschauen oder als PDF herunterladen.