BRUNSHAUPTEN UND ARENDSEE IM ERSTEN WELTKRIEG

Heinrich Schreiber

Bericht von der Kreuznagelung am 21.08.1915
„Zur feierlichen Nagelung des Kreuzes von Arendsee-Brunshaupten hatte der hiesige Marien-Frauen-Zweigverein zu Sonnabend, 21. August 1915, eingeladen. „Um 2 Uhr nachmittags versammelten sich auf dem Hofe der Ortsschule zu Arendsee der dortige Kriegerverein, der Fischereiverein und die Ortsschule, denen sich andere Teilnehmer anschlossen. Zur selben Zeit trafen beim Gemeindebureau zu Brunshaupten der dortige Kriegerverein, Gesangsverein, Turnverein, die Ortsschule und Privatschule Arendsee-Brunshaupten ein. Der Arendseer Festzug traf mit dem Brunshauptener am Kurhaus zusammen, und der stattliche Zug setzte sich nun in Bewegung zur Abholung der Kriegs-Genesenden, die beim Kurhaus Arendsee Aufstellung genommen hatten. Voran die Musikkapelle des Landwehr-Infanterie-Bataillons folgten die Kriegs-Genesenden, die 12 Ehrenjungfrauen aus Arendsee und die 12 aus Brunshaupten, die Gemeindevorstände beider Orte, die Kriegervereine, Fischereiverein Arendsee, Gesang- und Turnverein, Privatschule, Ortsschule Brunshaupten mit Musikerkorps, Ortsschule Arendsee und der Marien-Frauen-Verein. Pünktlich 3 ¾ Uhr trafen Ihre Königlichen Hoheiten auf dem am Bülowweg vor dem ‚Dünenschloß‘ liegenden Festplatze ein. Nach Ueberreichung eines Straußes an die Frau Großherzogin, Empfang und Vorstellung sang man unter Musikbegleitung den ersten Vers des Liedes ‚Ein‘ feste Burg ist unser Gott‘. Darauf wurde die Weihrede gehalten und Ihre Königlichen Hoheiten, die Prinzen, der Generaladjutant unseres Kaisers Prinz Solm-Horstmar nebst hoher Gemahlin schlugen die ersten Nägel in das Kreuz von Arendsee-Brunshaupten, während die Musik die Melodie ‚Gott segne Friedrich Franz‘ spielte. Nachdem der Dank und das Hoch dem Großherzogpaar dargebracht war, beendete der Gesang des ersten Verses des Liedes ‚Deutschland, Deutschland über alles‘ die erhebende ernste Feier, die wohl allen Teilnehmern unvergeßlich bleiben wird. Die Hohen und Allerhöchsten Herrschaften nahmen darauf noch an einem Wohltätigkeitskonzert im Kurhause Arendsee teil, das zum Besten des Roten Kreuzes und für unsere genesenden Krieger veranstaltet wurde. Den Festplatz hatten die Herren Kunstmaler Pfundheller und Berg geschmackvoll hergerichtet. Das Kreuz selber, von Kunstmaler Pfundheller mit großem Geschick ausgemalt, bleibt noch bis Dienstagabend an seinem jetzigen Platze zur weiteren Nagelung stehen. Schon im Vorverkauf wurden eine Menge Gutscheine für Kreuznägel abgesetzt. Der letzte Nagel soll erst nach Rückkehr unserer Krieger in die Heimat eingeschlagen werden. Das Kreuz selbst ist einen Meter hoch. Benagelt wird es mit silbernen, eisernen und Nägeln aus Nickel.“
„Der diesjährige Verkehr in den Ostseebädern (1916)
Ostsee-Bote, 20.08.1916 „Eine in diesem Jahre kaum erwartete Erscheinung fällt in den Ostseebädern auf: ein über alle Voraussetzung starker Besuch. Im vergangenen Jahre war der Badebesuch in den Bädern Schleswig-Holsteins, Mecklenburgs, Pommerns und Ost- und Westpreußens gegen die Vorjahre derart zurückgegangen, daß vielerorts eine große wirtschaftliche Notlage der Hotel-, Pensionsbesitzer usw. eintrat, die zur Anrufung der Staatshilfe führte. Der Besuch war 1915 zurückgegangen im Vergleich zum Jahre 1913: an der Schleswig-Holsteinischen Küste von 34.000 auf 22.000 Badegäste, an der mecklenburgischen Küste von 200.000 auf 66.000, an den ost- und westpreußischen Küsten von 66.000 auf 33.000 und auf Rügen von 39.000 auf 10.000. Das ist zwischen 33 und 88 v. H. Dieses Jahr bringt vielen Seebädern einen guten Ersatz für die im Vorjahre erlittene Einbuße, sie weisen fast dieselbe Besucherzahl auf wie im letzten Friedensjahr 1913; einige Bäder sind geradezu überfüllt. Auf der Insel Fehmarn zwischen Kieler und Mecklenburger Bucht, in Osternothafen bei Swinemünde und in Pillau ist der Badeverkehr bekanntlich verboten, an der ganzen übrigen Ostseeküste ist er – an einigen Stellen unter gewissen Einschränkungen – gestattet. Regster Badeverkehr herrscht in Swinemünde, Ahlbeck, Heringsdorf, Zinnowitz, Misdroy, Brunshaupten, Arendsee, ebenso in den Rügenbädern. Die Bäder an der Lübecker Bucht, Timmendorf, Niendorf, Scharbeutz usw. sind sehr stark besucht, und selbst in dem See- und Modebad Travemünde, das von vielen Badegästen nur seiner glänzenden Veranstaltungen wegen aufgesucht wird, sind über 8.000 Kurgäste eingetragen. Auch der Paßzwang hat dem Verkehr nach den Ostseebädern wenig oder gar keinen Abbruch getan.“2 Arendsee, 19.08.1916 „Anläßlich der Feier des Geburtstages des Kaisers Franz Josef von Oesterreich fand gestern abend im Kurhause ein patriotisches Festkonzert, ausgeführt von der Kapelle der Hamburg-Amerika-Linie, statt. Die Veranstaltung war stark besucht.“3 Ostsee-Bote, 23.08.1916 „Törichte Hamster. Die Salzhamsterei ist trotz aller Ermahnungen anscheinend aus Furcht vor späterer Knappheit und starken Preissteigerungen fast überall im tollsten Schwunge. Der Andrang im Speisesalz-Großhandel ist infolgedessen so stark, daß die vorliegenden Bestellungen auf Doppelladungen das Fünffache des normalen Bedarfs der Herbstmonate übersteigen. Es sei daher hiermit erstens nochmals darauf hingewiesen, daß in Deutschland unerschöpfliche Mengen von Salzsole für Siedesalz und außerdem von Steinsalz zur Verfügung stehen. Die Salinen selbst haben alle Vorkehrungen getroffen, um auch einer gesteigerten Nachfrage entsprechen zu können. Zweitens aber wird hiermit ausdrücklich festgestellt, daß bestes Siede-Speisesalz nur um eineinfünftel Pfennig das Pfund im Großhandel seit Kriegsausbruch gestiegen ist und zwar hauptsächlich infolge der Preissteigerung der Säcke. Eine weitere Erhöhung der Salzpreise erscheint gänzlich ausgeschlossen. Jedenfalls kann aber das Pfund mit höchstens zwei Pfennig Erhöhung gegenüber dem Friedenspreise auch bei längster Kriegsdauer im Ladenverkauf geliefert werden. Möge man doch endlich diese wahnsinnige Hamsterei in Nahrungsmitteln ‚einsalzen‘!“ „Die Versorgung der Badegäste Unter entsprechender Abänderung der Bekanntmachung vom 16. Juli 1915 wird von der Landesbehörde für Volksernährung im neuesten Reg.-Blatt bestimmt, daß für Kur- und Badegäste der Betrag von Feinmehl 1.400 Gramm die Woche auf den Kopf betragen darf, falls ohne Beschränkung der einheimischen, insbesondere der schwerarbeitenden Bevölkerung die erforderlichen Mehlzuweisungen aus den Reserven der Kommunalverbände aufgebracht werden können.“ „Verordnung Auf Grund des § 9b des Belagerungsgesetzes wird hiermit im Interesse der öffentlichen Sicherheit folgendes verordnet. § 1. Jugendlichen Personen, d.h. solchen Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind das ziellose Auf- und Abgehen und der zwecklose Aufenthalt auf öffentlichen Straßen und Plätzen verboten. Kinder unter 14 Jahren dürfen nach 8 Uhr abends öffentliche Straßen und Plätze nur in Begleitung erwachsender Angehöriger betreten. Für die Erfüllung der letzteren Vorschrift sind auch die Eltern und sonstige aufsichtspflichtigen Personen verantwortlich. § 2. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder beim Vorliegen mildernder Umstände mit Geldstrafe bis zu 1.500 Mark bestraft. Der stellvertretende kommandierende General von Falck, General der Infanterie Vorstehende Verordnung wird hierdurch zur allgemeinen Kenntnis gebracht. Kröpelin, 25. August 1916 Der Magistrat.“ Ostsee-Bote, 09.1916 Brunshaupten, 11. September 1916 „Daß in unserer gesegneten Gegend noch immer Lebensmittel zu haben sind, beweist ein Vorfall, der sich auf dem Bahnhof von Doberan zutrug. Eine von hier kommende Dame ließ sich dort ihre ängstlich behütete große Hutschachtel an den Zug bringen. Dem Gepäckträger fiel das Gewicht derselben auf und meldete seinen Verdacht dem Stationsvorsteher. Trotz vielen Bittens wurde nun die inhaltschwere Schachtel untersucht, wobei dem Beamten einige Pfund der schönsten Butter, mehrere Pfund Schinken und sogar einige der jetzt so seltenen geräucherten Mettwürste entgegenprangten, welche nun zum größten Schmerze der Dame beschlagnahmt wurden. Ueber Herkunft und Preise wird sich die Betroffene wohl nicht geäußert haben, da sie ohne Ueberschreitung der Höchstpreise die appetitlichen Sachen wohl nicht bekommen hätte. Trotz der behördlichen Strafandrohungen wegen Ueberschreitung der Höchstpreise werden hier und in der Umgegend noch die märchenhaftesten Preise bezahlt. Von den Kurgästen werden für ein Ei 40–50 Pfg. geboten und für Schinken sogar 6–7 Mark für das Pfund bezahlt.“ „Eine Sammlung für das Kinderheim „Zum guten Hirten“ in Brunshaupten, Zweiganstalt des Kostkinderheims zu Güstrow, in Brunshaupten, Arendsee und Heiligendamm brachte 1107,05 Mk. Die beiden Kinderheime beherbergen z. Zt. 66 heimatlose Kinder.“
Gedicht zur Einweihung des Kriegerdenkmals am 18.09.1921 in der Kirche
Bei der Enthüllung des Kriegerdenkmals am 18. September 1921 in der Kirche von Brunshaupten-Arendsee wurde das nachfolgende Gedicht gesprochen: „Noch einmal will das Rote Kreuz euch geben, was dankbar es als heil’ge Pflicht eracht! Für euch, die in dem heißen Kampf des Lebens Dem Vaterland zum Opfer dargebracht. Mit goldenen Lettern sollen eure Namen Auf deutscher Eiche Holz verewigt sein Und sollen sich gleich edlen, reifen Samen Tief wurzeln in die Herzen aller ein. Ihr Helden habt ein Vorbild uns gegeben, Das uns beschämend muß entgegenstehn! Ihr ließet für das Vaterland das Leben. Ihr ließt nicht Treu, nicht Glauben untergehn! Da wollen wir an heil‘ger Statt geloben, Daß, was ihr heilig hielt‘, uns heilig wird, Damit der Lenker der Geschicke droben Nicht länger straf die teure Heimaterd. So hat das Rote Kreuz euch ehren müssen, Euch Sieger in der himmlisch schönen Welt! Nun fall die Hülle – laßt euch dankend grüßen Ihr Väter, Söhne, alle – Held an Held!“

KÜHLUNGSBORN IM ZWEITEN WELTKRIEG

Jürgen Jahncke

Gottesdienste nach Fliegeralarm

Der Reichminister für die kirchlichen Angelegenheiten legt in einem Rundschreiben vom 28. Dezember 1940 fest, wie mit kirchlich geplanten Veranstaltungen an Tagen nach nächtlichem Fliegeralarm zu verfahren sei.

Danach sollte die Bevölkerung nach einem nächtlichen Fliegeralarm am darauf folgenden Tag nicht durch kirchliche Veranstaltungen abgehalten werden sondern sich zu erholen und an Arbeitseinsätzen teilzunehmen. Das betraf auch kirchliche Veranstaltungen an Sonn-und Feiertagen. Wenn die Entwarnung vor 24.00 Uhr erfolgte, dann konnten am nächsten Tag bereits vor 12.00 Uhr kirchliche Veranstaltungen angesetzt werden. Von dieser Anordnung waren die Spendung der Krankenkommunion und Sterbesakramente nicht betroffen, aber Beerdigungen und die Öffnungszeiten der Kirchen. Sie hatte auch keinen Anordnungscharakter für den Konfirmanden-, Beicht- und Kommunionsunterricht.

Das Kirchensiegel

Konsistorialrat Kruse, der im Zeitraum Juni 1940 bis 1941 den als Soldat eingezogenen Pastor Paul vertrat, machte den amtierenden Bürgermeister Gloede am 21. Januar 1941 darauf aufmerksam, dass die Kirchgemeinde in ihrem Dienstsiegel das Stadtwappen Kühlungsborn führe.

Daraufhin informierte der amtierende Bürgermeister die Gauleitung der NSDAP über diese Tatsache und bat um Verhaltensmaßnahmen. Die Gauleitung der NSDAP bat den Oberkirchenrat um eine Stellungnahme. Sie schrieb: „Unter dem 3. Januar 1939 beantragte der Pastor Paul (Kühlungsborn) die Genehmigung eines neuen Kirchensiegels, dessen Entwurf er einreichte. Er bemerkte in seiner Eingabe: ‚ Der Bürgermeister des Ostseebades Kühlungsborn hat sich mit der Verwendung des Kühlungsborner Wappens einverstanden erklärt.‘ Das war ungewöhnlich, weil die Kirchenleitung der Auffassung war, das betreffende Kirchengebäude im Siegel zu führen. In den Akten der Stadt konnten die Beamten keinerlei Vermerke zu dieser Angelegenheit finden. Daraufhin forderte Gloede die Gauleitung Mecklenburg, Amt für Kommunalpolitik, auf, das Stadtwappen aus dem Kirchensiegel entfernen zu lassen. Nach Absprache zwischen Gauleitung und Oberkirchenrat ersuchte Letzterer, Konsistorialrat Kruse in Kühlungsborn den Entwurf für ein neues Kirchensiegel zur Genehmigung vorzulegen. Am 14. März 1942 teilte Gloede der Gauleitung mit, dass die Kirche Kühlungsborn nunmehr ein neues Kirchensiegel angeschafft habe.

Verordnung über die Handhabung des Feiertagsrechts im Krieg

Die Verordnung über die Handhabung des Feiertagsrechts während des Krieges vom 27.10.1941 (RGBL. I S.662) schränkte den Umfang der kirchlichen Veranstaltungen an den meisten kirchlichen Feiertagen ein. Eine solche Regelung war durch die Kriegslage, „die eine restlose Anspannung aller Kräfte und volle Ausnutzung aller Produktionsmöglichkeiten erfordert, bedingt.“6 In Kühlungsborn waren solche Maßnahmen nicht angebracht.

Keine schützenswerten Kulturgüter im Besitz der Kühlungsborner Kirche

Am 28. April 1942 bestätigte Propst Timm, dass die Kirche keine besonders wertvollen Kunstgegenstände besäße, die zu ihrem Schutz vor Luftangriffen sicher aufbewahrt werden sollten. Das entsprach nur der Meinung von Pastor Timm.

„Niemand darf euch sehen, dann sind wir alle verloren!“

Die Jüdin Rosemarie Dessauer, 1923 in Berlin geboren, versteckte sich ab 1943 lange Zeit bei einer Freundin. Nach der Deportation ihrer Mutter und ihres Bruders in das Konzentrationslager Auschwitz war es Johannes Schwarzkopff, Pfarrer der Immanuellkirche in Berlin und ehemaliger Vorsitzender der Bekennenden Kirche Mecklenburgs, der sie schützte und von einem Pfarrhaus zum anderen weiterreichte, wohl wissend, dass das Verstecken von ,Volljuden‘ mit schärfsten Strafen geahndet wurde. Den Kindern der Pastorenfamilien wurde sie deshalb als nahe Verwandte vorgestellt. So fand sie Unterschlupf im Pfarrhaus Pokrent, Belitz, und in den Pfarrhäusern der Brüder Timm in Reinshagen, Kessin und Neubrandenburg. „Die Befreiung erlebte sie im Mai 1945 in Kühlungsborn im Hause des Vaters der drei Brüder, Kirchenrat i. R. Karl Timm.“

Jahncke, Jürgen: Kirche hilft in der Not

In den Jahren 1946 bis 1950 entwickelte die Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde in Kühlungsborn ein reges Leben. Die von ihr entfaltete Nachbarschaftshilfe wirkte sich besonders positiv auf den Zusammenhalt der Gemeinde aus. Die Pastorenfamilie Drefers beheizte ihr großes Wohnzimmer und öffnete es für alle Bedürftigen, die Schutz und Wärme suchten. Sie organisierte 1946 ihre ersten beiden Altennachmittage zur Linderung der Hungersnot. Es gab Erbseneintopf, Kuchen und Kaffee. In der Kirche und im Gemeindehaus stellte Pastor Drefers den „Korb der Barmherzigkeit“ zur Entgegennahme von Natural-, Kleidungs- und Geldspenden auf. In der Adventszeit wurde der Korb zum „Adventskorb“ umfunktioniert. Die Spenden der Gemeindeglieder kamen Alten, Einsamen und Kranken unabhängig von ihrer Konfession zugute. In der Stillen Woche startete der Pastor einen zusätzlichen Mittagstisch für bedürftige Kinder bei Bauern und Büdnern. Die Kinder benannte der Schularzt. So konnten insgesamt 90 Mädchen und Jungen zweimal wöchentlich ein zusätzliches Mittagsessen erhalten. Die Kirchgemeinde betreute selbstlos die 14 blinden Männer und Frauen im Ostseebad. Mitglieder der drei Frauenkreise der Gemeinde richteten einen Besuchsdienst in den Altersheimen ein. Sie ließen sich von dem Motto „Für jeden Bettlägerigen eine Helferin“ leiten. Zwei Speisungen, einmal für 100 Kinder über 48 Tage, ein zweites Mal für 50 ebenfalls bedürftige Kinder über 100 Tage, organisierte die Kirchgemeinde genauso wie eine Speisung von 70 alten bedürftigen Menschen über 25 Tage lang. Das Essen spendete das Hilfswerk der evangelischen Kirche. Frauen bildeten einen Nähkreis und richteten gleichfalls eine Nähstube ein. Sie sammelten in der Gemeinde alte, gebrauchte Kleidung, um daraus Neues für Bedürftige zu schneidern. Unentgeltlich fertigten sie für jene, die keine Nähmaschine besaßen, die erbetenen Kleidungsstücke an. Um die Auslagen und Unkosten hierfür zu decken, strickten und bastelten die Frauen in ihrer Freizeit verschiedene Gebrauchsgegenstände, die sie auf Basaren verkauften. Am 20. Dezember 1948 lud die Kirchgemeinde 20 an Tuberkulose erkrankte Kriegsheimkehrer aus dem Krankenhaus zu einer Weihnachtsfeier ins Diakonissenheim ein. Gäste waren Dr. Hoffmann, Ärztlicher Direktor des Krankenhauses, Oberschwester Martha Kosch, zwei weitere Krankenschwestern und Frauen der Gemeinde. Wöchentlich einmal wurde im Krankenhaus „Iduna“ eine Bibelstunde durchgeführt. Zweimal jährlich reichte Pastor Drefers hier zur Passions- und Adventszeit das Heilige Abendmahl. Im Krankenhaus führte er bis zum staatlichen Verbot 1952 regelmäßig eine monatliche Andacht durch. In den drei Kinderheimen „Lindenhof“, „Jacobi“ und „Rafoth“ fanden bis zum Verbot 1953 einmal in der Woche Kindergottesdienste statt. Das ehemalige Kindererholungsheim „Lindenhof“ wurde durch aktive Mitwirkung von Pastor Drefers zum Kinderheim für Waisen umfunktioniert, von der Inneren Mission der evangelisch-lutherischen Kirche übernommen und geführt. Hier konnten 24 elternlose Kinder aufgenommen werden. Pastor Drefers führt in seiner Chronik aus, dass die Kirchgemeinde mit ihren Aktivitäten ungeteilte Anerkennung der Bevölkerung fand. Das hatte in den ersten Nachkriegsjahren zur Folge, dass sowohl Stadtverwaltung als auch politische Organisationen und Parteien betont Wert auf ein gutes Einvernehmen mit der Kirchgemeinde legten. Wörtlich heißt es bei Pastor Drefers: „So z. B. geschah es – was wohl einmalig sein dürfte – dass beim Wechsel eines Bürgermeisters oder Pionierleiters der Neue wie ‚selbstverständlich‘ seinen Antrittsbesuch beim Pastor machte oder dass die politischen Organisationen es nicht wagten, ihre Veranstaltungen zum Zeitpunkt von Gemeindeveranstaltungen zu legen.“

Wenn Sie noch mehr über die Geschichte „800 Jahre Kirche in Kühlungsborn“ erfahren möchten, können Sie hier das ausführliche Kompendium im eReader anschauen oder als PDF herunterladen.